Franz Pötsch
Eisenbahner. Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. Hingerichtet.
Lebenslauf
Franz Pötsch wurde am 25.11.1899 in Tieberschlag (Člunek; Mähren) geboren. Er war Eisenbahner in St. Pölten. 1918 kam er zu den österreichischen Bundesbahnen. 1923 schloß er sich der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreich, 1924 dem republikanischen Schutzbund und der Gewerkschaft der Eisenbahner an. Er war mit Maria verheiratet und Familienvater.
Widerstand, Verhaftung, Todesurteil
Am 12. 3. 1941 wurde Franz Pötsch verhaftet und am 10. 6. 1942 gemeinsam mit Johann Ebner, Franz Schmaldienst, Anton Großauer, Alfred Stein, Karl Mraz und Josef Matischek (alle hingerichtet) zum Tode verurteilt. Am 15.1.1943 erfolgte seine Hinrichtung im Landesgericht I in Wien.
Maria Pötsch an ihren Mann Franz Pötsch, in die Haftanstalt Stein, vom 3.11.1941 (Auszug)
"Lieber Vater! Deinen lieben Brief mit großer Freude erhalten. Und außerdem danke ich dir vielmals für deine Glückwünsche zu meinem Geburtstag, in der guten Hoffnung, dass wir im nächsten Jahr unsere Geburtstage wieder so glücklich feiern können, wie wir sie bisher die ganzen Jahre zusammen verbracht haben..."
"...Lieber Vater! Jetzt muss ich dir ein wenig berichten über unser beschlagnahmtes Geld. Ich hatte vor einigen Monaten an das Landgericht St. Pölten ein Gesuch gemacht und wurde glatt abgewiesen. Daraus ersehe ich, ob es gerecht zugeht oder nicht. Und von einem Herrn Johann Ebner wurde auch in dem Beschluss angeführt. Wir sind doch nicht sammeln gegangen, wir haben uns ja den Garten auch vom Munde abgespart. (Und einen Herrn Johann Ebner kenne ich nicht) Was dieser Herr mit unseren Angelegenheiten zu tun hat, kann ich nicht begreifen, und noch dazu war doch mein ganzes Wirtschaftsgeld dabei. Jener Herr, der das Geld geholt hat, hat mir doch das Geldbörsl auch ausgeräumt, bis auf einige Pfennige, sodass ich ohne Groschen Geld dastand und ich gezwungen war, zur Ortsgruppe zu gehen und um Unterstützung zu bitten. Es wurde nicht danach gefragt, ob ich für die Kinder etwas zum Essen hab, nur nach Geld und wieder Geld wurde gesucht. Zu was haben wir dann Kinder in die Welt gesetzt, wenn man sich ohnehin das Geld so sparsam vom Munde absparen muss, um endlich das zu schaffen, was wir doch so notwendig schon gebraucht hätten für unsere Wohnung. Und jetzt sollen wir's vielleicht nicht mehr bekommen? So sieht die Gerechtigkeit aus..."
Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 3, Seite 1354. Wiener Stern Verlag 2016
Aus der Anklageschrift vom 15. 12. 1941
„Von Ende 1938 oder Anfang 1939 an führte er an Schmaldienst regelmäßig Geldbeträge ab, die zunächst nur aus eigenen Spenden bestanden, später aber die Ergebnisse seiner Sammlungen beim Verkehrsdienst in St. Pölten darstellten. Während August Steindl Leiter der dort bezeichneten Stelle war, bekleidete Pötsch das Amt des Kassierers. (…) Neben dieser Tätigkeit als Kassierer war Pötsch auch Verbindungsmann. Im Sommer 1940 stellte er seine Wohnung für eine Besprechung der maßgebenden Funktionäre zur Verfügung und benachrichtigte Ebner von der geplanten Versammlung.“
Mahnmal, Gedenktafel
Sein Name steht am Mahnmal am Hauptfriedhof St. Pölten, ebenso auf einer Gedenktafel am Bahnhof St. Pölten.
Gedenkort - Landesgericht für Strafsachen Wien
Im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgericht für Strafsachen Wien findet sich sein Name auf einer der Gedenktafeln.
Gedenkort - Gruppe 40, Zentralfriedhof
In der Gruppe 40 wurden die im Wiener Landesgericht Hingerichteten beerdigt. 2013 wurde die Gruppe 40 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt.
Quellen und Bildnachweise
- Lisl Rizy, Willi Weinert (Hg.): "Mein Kopf wird euch auch nicht retten", Band 3, Stern-Verlag, Wien
- Willi Weinert, "Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer". 4. Auflage Wiener Stern Verlag, 2017
- Bild Fallbeil/Guillotine: Leihgeber Kurt Brazda
- Andere Bildrechte: Angabe bei Anklicken des Bildes (Bildinformation)
- Andere Bilder: Privatbesitz oder Verein Zur Erinnerung
Hauptwerke zur Gruppe 40
- Willi Weinert, „Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer“. Biografien der im Wiener Landesgericht hingerichteten WiderstandskämpferInnen gegen das NS-Regime. Ein Führer durch die Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof. 4. Auflage Wiener Stern Verlag 2017
- Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
Weiterführende Informationen
- DÖW Katalog zur permanenten Ausstellung. Hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Wien 2006
- Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938-1945, Wien 2008
- Die Geschichte des Grauen Hauses und die österreichische Gerichtsbarkeit, Wien 2012
- DÖW (Hg.) Widerstand und Verfolgungen in den österreichischen Bundesländern (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Tirol, Niederösterreich, Salzburg), Wien 1975-1991
- Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.) Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung, Wien 2011
- Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.), „Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“, Wien
- Herbert Steiner, Gestorben für Österreich. Widerstand gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1995
- Herber Steiner, Zum Tode verurteilt: Österreicher gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1964
Web-Hinweise
- www.sternverlag.at - Wiener Stern Verlag
- www.doew.at - Dokumentationsarchiv des österr. Widerstands
- www.kz-verband.at - KZ-Verband/VdA
- www.freiheitskämpfer.at - Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen
- www.oevp-kameradschaft.at - ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten
- www.nachkriegsjustiz.at - Zentrale österr. Forschungsstelle Nachkriegsjustiz
- www.archiv.wien.at - Wiener Stadt- und Landesarchiv
- www.friedhoefewien.at - Friedhöfe Wien